Die mit ungebrochener Härte um sich greifende Finanzkrise gefährdet unseren Wohlstand. Das ist die eine Seite. Die andere stellt eine Bedrohung für die Demokratie dar. Schuldige für die Finanzkrise werden gesucht und nur allzu einfach gefunden. Griechische Medien machen die Bundesrepublik Deutschland für ihre Schuldenmisere verantwortlich. Der deutsche Steuerzahler müsse Hellas‘ Schulden bezahlen, als Wiedergutmachung für während des Zweiten Weltkrieges erlittenes Unrecht. Längst in das dunkle Hinterzimmer verbannt geglaubte Gespenster der Geschichte drängen wieder ans Tageslicht.
Zu viel Solidarität?
Von den Steuerzahlern der Nettozahler-Staaten innerhalb der EU wird so einiges an Solidarität verlangt. Wohl etwas zu viel. Milliarden werden quer durch Europa verschoben, um den Zusammenbruch hoffnungslos überschuldeter Staaten zu verhindern. Billionen an Haftungen tragen ihr Übriges zur Destabilisierung bisher verhältnismäßig gesunder Volkswirtschaften bei. Den leidgeprüften Steuerzahlern stehen milliardenschwere Sparpakete ins Haus – kein Wunder, dass Wut aufkommt. Der Euro wird von einem angeblichen Friedensprojekt zur Gefahr für ebendiesen. Die Transferunion verbindet Europa finanziell, doch sie entzweit die Völker des Kontinents.
Alte Ressentiments
Besonders seltsame Blüten treibt die übereilte Solidarunion in Griechenland. Der Staat erhielt dutzende Milliarden, ohne die das Land schon vor mindestens zwei Jahren den Bankrott hätte anmelden müssen. Doch von Dankbarkeit ist keine Spur. Der deutsche Vizekanzler Philipp Rösler wurde anlässlich seines Staatsbesuchs in Athen mit Hitler-Transparenten willkommen geheißen. „Deutschland=SS“ posten erzürnte Griechen im Internet. Medien fordern deutsches Geld. Keine Kredite, sondern Wiedergutmachungszahlungen für im Zweiten Weltkrieg erlittenes Unrecht. Zweifelsfrei ist Unrecht geschehen, dieses in kausalen Zuammenhang mit der gegenwärtigen Schuldenkrise zu setzen, ist trotzdem eine gewagte These.
Europa statt Brüsseler Verwaltungsmasse
Auch weiter im Norden ist die Stimmung bereits aufgeheizt. Die Bild-Zeitung stellte Griechen pauschal als faul dar. Die ebenfalls in Bedrängnis geratenen Italiener als orgiastische Verschwender. Weder die Gleichsetzung Deutschlands mit dem Dritten Reich noch die Unterstellung von Faulheit oder Verschwendungssucht im Süden bilden die Wahrheit ab. Doch sie zeigen, in welche Misere die Uneinsichtigkeit der Politik ganz Europa geführt hat. Der Euroraum wurde um jeden Preis verteidigt – auch um den des europäischen Gedankens. Die Austrittspekulationen rund um Großbritannien und seinen Premier David Cameron, der sich in der Rolle eines zweiten Winston Churchill zu gefallen scheint, belegen diese Gefahr. Die Europäische Union in ihrer derzeitigen Form und ihre Kommissare sowie deren ergebene Politiker in den nationalen Regierungen sind eine ernste Gefahr für die europäische Einigung. Europa droht von einem Friedensprojekt zu einer von Brüssel abhängigen Verwaltungsmasse zu degenerieren.
Quelle: Unzensiert